Hallo,
Ich muss vorab sagen:
Ich war früher tief im FDM 3D Druck drinnen und steig erst jetzt nach Jahren wieder ein.
Gute Tipps bezüglich FDM Druck kann ich somit wohl eher nicht geben, aber womöglich hilft dir mein Wissen über generelle Fertigungsverfahren.
Warum löst sich dein 3D Druck von der Druckfläche?
A: weil er sich verzieht.
Warum verzieht er sich?
A: weil er unterschiedlich schnell schrumpft.
Dein Teil wird vermutlich von unten mit ~100°C beheizt.
Und je weiter du nach oben hin vom Druckbett wegkommst desto kühler wird die Umgebung.
Denn der PS1 hat soweit ich weiß keine Bauraum Heizung.
Vielleicht schaffst du es durch abdichten auf 50°C im Bauraum. Das ist aber immer noch viel zu kalt.
Entscheidend ist die sogenannte Glasübergangstemperatur (Tg). Bei ABS liegt die eher im Bereich von 100°C. Daher wird auch eine Druckbetttemperatur von 100 Grad empfohlen. Also die Zahl kommt nicht von irgendwo.
Bei dieser Temperatur bleibt dein Kunststoffteil schön geschmeidig/weich und die Schrumpfung fällt sehr gering aus. Damit das klappt muss dein Teil aber überall gleichmäßig diese Temp. haben. Beim FDM Drucker hast du nur unten an der Platte diesen Vorteil. Mit jeder weiteren Schicht die du drauf druckst will das Teil oben mehr schrumpfen und somit entstehen kräfte die das Bauteil außen von der Platte ziehen wollen.
Ziel ist es also Spannungen im Kunststoff durch unterschiedliche Schrumpfung durch unterschiedliche Temperaturen zu vermeiden oder zu verringern.
Du bekommst deinen Bauraum aber kaum auf 100 Grad… dann musst du was anderes probieren:
Die Masse die Schrumpfen kann verringern.
Denn je weniger Material da ist, desto weniger kann auch Schrumpfen.
Das hast du bereits bemerkt wenn du mit weniger Füllung druckst. Du hast Material durch Luft getauscht.
Im Spritzguss gilt das gleiche, vielleicht hilft dir das hier auch:
Erstens: Gleiche Wandstärken.
Warum?
Wenn du überall die gleiche Wandstärke hast, dann hast du auch an allen Stellen eine gleichmäßige Schrumpfung.
Zweitens: verhindere auch hier Massenanhäufungen.
Stell dir eine Quadratische Box vor mit einer Wandstärke von 2mm. Hier baust du als Verstärkung einen Steg in der mitte ein. Ebenfalls mit 2mm.
Jetzt haben die Wände, der Boden und dieser Steg 2mm… Passt doch, oder?
Nicht ganz, denn an den Ecken und an der “T” Kreuzung vom Steg ist eine kleine “Materialanhäufung”. Stell dir eine Kugel mit 2mm vor, die durch die 2mm dicke Wand rollt. Bei der T Kreuzung wird sie spiel haben. Vorallem wenn du die Ecken auch noch abrundest.
Hier empfiehlt es sich also, den Steg dünner als die Außenwand zu machen und einen möglichst kleinen Radius auf die Ecken zu legen. Oder kreativ werden und anders Material wegnehmen. Sonst kommt es beim Spritzguss zu Einfallstellen oder auch Verzug.
Ähnlich ist das auch beim 3D Druck… Einfallstellen wird es zwar nicht geben aber Materialspannungen entstehen ganz sicher. Hier aber nicht wie beim Spritzguss durch langsameres abkühlen der Materialanhäufungen nach dem entformen sondern eher weil eine Dicke Wand mehr schrumpfen möchte als eine Dünne.
So, trotzdem wird sich dein Bauteil verziehen weil auch die 2mm dicken Wände werden etwas schrumpfen und der Boden auf der schön warmen Heizplatte aber nicht. Aber es ist schonmal weniger schlimm.
Jetzt kannst du eben mit dem Brim noch versuchen mit Gewalt dagegen zu wirken. Du versucht also die Haftung am Druckbett größer zu machen als die Kraft die das Teil hochziehen will… Hast du ja auch schon probiert.
Mein Rat wäre also: Versuch dein Teil neu zu designen. Wandstärken im Bereich von 2-3mm. Für mehr Stabilität arbeite mit Rippen, Versteifungen und Nuten usw… Verhindere um jeden Preis Materialanhäufungen. Und beachte dabei: Eine Wand mit 4-5mm dicke ist schon fast eine Materialanhäufung, auch ohne Kreuzungen.
Ziel sollte sein, die Masse des Teils deutlich zu reduzieren und die Stabilität aber beizubehalten. Lasse dir dazu das Gewicht der unterschiedlichen Designs im Programm anzeigen. Mehr Masse = Mehr Schrumpfung = mehr Verzug.
Erst wenn das optimiert ist, dann mach den Rest mit Brim und Klebestick und was weiß ich was es da nicht schon alles gibt.
Ein Luftzug (Lüfter) zur Bauteilkühlung sollte der Theorie nach übrigens auch ein starker verursacher von Verzug sein. Denn wie oben geschrieben sind Temperaturunterschiede nicht dein Freund. Je nach Druckobjekt (Überhänge) wird eine Kühlung aber notwendig sein… Das beißt sich leider etwas… Da muss ich mich selbst erst wieder einlesen wie das bei FDM Druck und ABS so läuft…
100 Grad Bauraum würde wohl am meisten bringen. Das geht aber bei solchen Druckern nicht.
Bezüglich Überhänge kann ich leider nichts sagen.
Zum Schluss alles kurz gesagt:
Wie du selbst bei deinem ersten Prototyp bemerkt hast, ist die Masse das Problem. Versuch diese zu reduzieren und arbeite an einem Design das deinen mechanischen Ansprüchen standhält.
Ich hoffe es ist etwas hilfreiches für dich dabei!